Mediation

„Wherever you come from is a holy place.”

Kate Tempest,

„Hold Your Own“, Poems

Anders als das Recht urteilt Mediation nicht.  Zu Beginn einer Mediation gibt kein „richtig“ oder „falsch“, kein „gut“ oder „schlecht“. Jede Seite spricht aus ihrer Welt und Überzeugung – und wird in ihrer Besonderheit  vollständig akzeptiert. Es geht nicht darum, das Falsche oder Unpassende zu sehen, und was man dagegen tun kann, – auch wenn die Parteien im Konflikt miteinander stehen und sich Schlechtes vorwerfen. Erst im Dialog miteinander findet eine Annäherung statt, indem man versucht, ein gegenseitiges Verständnis zu wecken. Anders als der Anwalt arbeitet der Mediator auch nicht mit einem Vorsprung an Wissen. Das gewährt den Klienten volle Autonomie auf dem Weg zu einer Lösung.  Das Recht fungiert dabei als Außenperspektive bildet schließlich die Basis einer verbindlichen Einigung. In diesem Spannungsfeld sieht sich die Mediation auch im Rahmen der kooperativen Praxis: Mediation stellt  gewissermaßen das „Dach“ der kooperativen Praxis her, während das Recht ihr Boden ist.

Mediation bedeutet vom Wort her nur „Vermittlung“. Dahinter steckt jedoch eine besondere Methode der Konfliktlösung; sie ist weder Beratung noch  Kompromiss-verfahren. Ihr Ziel ist vielmehr eine Einigung in Form eines Konsenses, in der die Betroffenen nicht auf einen Teil ihrer Interessen verzichten müssen, sondern  „das Ganze“ bekommen können. Dies wird dadurch möglich, dass beide Seiten  ihren Wünschen und Interessen auf den Grund zu gehen und sich darin anerkennen.  Als eine Technik dient hierbei etwa der Perspektivwechsel, das heißt, sich gegenseitig in den  anderen hineinversetzen. Die Kunst der Mediation besteht darin, die tieferen Interessen der Streitparteien herauszuarbeiten, sie zu bewegen, ihre Vorstellungen vom Konflikt zu verlassen, um sich auf einer anderen Ebene zu einigen. Erfahrungen mit Konflikten haben gezeigt, dass Lösungen meist nicht auf derselben Ebene gefunden werden können, auf der der Konflikt entstanden ist.  Dass alle auf diese Weise gewinnen können, wird gern mit dem Schlagwort  „Win-Win-Lösung“ bezeichnet. Dies bedeutet freilich nicht, dass ihnen der Gewinn automatisch zufällt oder ihnen etwas geschenkt wird, wie es manche Lotterieunternehmen versprechen, sondern sie müssen sich mit Hilfe des Mediators durch ihre Probleme hindurcharbeiten. Das ist mitunter mühevoll, bisweilen sogar schmerzhaft – und darum nicht jedermanns Sache. Aber wenn die Betroffenen eine solche Mühe ernsthaft auf sich nehmen und dabei nicht aufgeben, dann kann die Mediation in jedem Fall zu einem großen Gewinn für alle Seiten werden.

In der kooperativen Praxis wird die Mediation zu einer Brücke zwischen gegensätzlichen Rechtspositionen und widerstreitenden Emotionen. Nicht das Recht ist Gegenstand der Vermittlung, sondern die unter dem Recht liegenden Gefühle und eigentlichen Interessen der Beteiligten. Die Anwälte handeln, wenn es um die Klärung der Emotionen und tieferen Interessen geht, wie Mediatoren, indem sie die Haltung von Mediatoren einnehmen und die Methoden der Mediation verwenden.  Es geht dabei um die Herausarbeitung gemeinsamer, wie um die Anerkennung gegensätzlicher Interessen mit dem Ziel eines Konsenses. Dies gilt jedoch nur für die Arbeit mit den unter dem Recht liegenden persönlichen Interessen. Als  rechtliche Berater vertreten die Anwälte der kooperativen Praxis immer nur die Interessen der eigenen Partei..

In dieser Phase der der kooperativen Verhandlung sprechen die Parteien in der Regel direkt miteinander, wie dies auch in der Mediation geschieht. Die Anwälte halten sich im Hintergrund oder moderieren das Gespräch.  Sie achten darauf, dass die Autonomie der Parteien erhalten bleibt. Denn die Inhalte der Konfliktlösung können letztlich nur von den Betroffenen selbst gefunden und verantwortet werden.

Wenn die emotionalen Grundlagen der Einigung gelegt  sind, und ein Verständnis füreinander entstanden ist, kehren die Anwälte wieder in ihre Rolle als Ihre rechtlichen Vertreter zurück, um die Einigung rechtlich zu beurteilen und ihr eine rechtsverbindliche Form zu geben.