Philosophie

„Glauben heißt irren. Nicht glauben, nützt nichts.“

Fernando Pessoa

 

Die kooperative Praxis verspricht nicht den Glauben an ein besseres Recht oder eine bessere Gerechtigkeit, sondern sie will lediglich eine Verbindung  zwischen dem allgemeinem Recht und  den persönlichen Emotionen herstellen, die üblicherweise getrennt gesehen werden.  Sie  vertritt allerdings den Glauben, dass dies funktioniert, – vorausgesetzt, alle Beteiligten teilen diesen Glauben und unterstützen sich dabei.

Warum ein neues Konzept?

Genügt es nicht, dass Anwälte einfach ein bisschen menschlicher miteinander umgehen und sich an feste Regeln im fairen Umgang miteinander halten? Genügt es nicht, dass zumindest einer sich daran hält und sich nicht vom anderen zu etwas provozieren lässt, was den eigenen Grundsätzen widerspricht? Es würde genügen, wenn Unfairness und schädigende Absichten bei rechtlichen Auseinandersetzungen sich in bestimmten Fällen nicht auch lohnten. Es würde genügen, wenn das Rechtssystem nicht auch erlaubte, es zum eigenen Vorteil auszunutzen und damit einem anderen zu schaden.

Die kooperative Praxis schafft demgegenüber einen Rahmen, in dem man sich verbindlich verspricht, sich mit dem Recht nicht zu bekriegen, sondern es zum beiderseitigen Vorteil einzusetzen. Das erfordert ein klar beschriebenes Konzept mit verbindlichen Regeln, an die sich alle Seiten halten müssen. Gute Absichten allein reichen dafür meist nicht aus, da Konflikte, die in Rechtsauseinandersetzungen münden, in  ihrer Entwicklung  schwer kalkulierbar sind.

Was will das neue Konzept?

Den Schlüssel zur kooperativen Praxis bildet die Unterscheidung von Recht und Konflikt, die einen sehr unterschiedlichen Charakter haben: Recht ist rational und gilt generell. Konflikt ist emotional und betrifft nur die beteiligten Personen. Das Recht kann in der Regel keine Konflikte lösen. Die Konfliktlösung ist ein Thema der Verständigung im  Einzelfall, wie dies in der Mediation geschieht.

Zwischen dem Recht und Emotionen besteht ein Abstand, den man sich bisweilen kaum groß genug vorstellen kann. Damit ein Verfahren, das beides miteinander verbindet, überhaupt funktionieren kann, braucht es eine Brücke. Die Anwälte der kooperativen Praxis müssen ihren Mandanten helfen,  diese Brücke zu finden und darüber zu gehen. Diese Hilfe wollen wir hier mit dem Begriff Coaching bezeichnen.  Es handelt sich neben der Rechtsvertretung und der Konfliktvermittlung um ein Extra der kooperativen Praxis. Wir verwenden den Begriff Coaching hier, da es sich um eine ebenfalls fachlich beschriebene Vorgehensweise handelt. Sie kann von den Anwälten selbst oder bei Bedarf durch einen besonderen Coach durchgeführt werden.

Die drei Säulen der kooperativen Praxis sind demnach: Recht, Mediation und Coaching.

Die kooperative Praxis beruht auf einem ganzheitlichen Ansatz. Die ganzheitliche Sicht ist auch ihr Ziel. Daraus ergeben sich viele Möglichkeiten, die das Recht allein nie bieten könnte. Die Möglichkeiten des Rechts sind von vorn herein begrenzt. Die Möglichkeiten, die aus einer persönlichen Konfliktlösung entstehen können, sind dagegen theoretisch unbegrenzt.